Wir fordern ein Ende der Menschenrechtsverletzungen und der Gewalt gegen Frauen im Iran
Mehr als zwei Jahre sind seit Beginn der Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ vergangen – einer Bewegung, die im Protest gegen den Zwangsschleier und für die Wiederherstellung der Menschenrechte von Frauen entbrannt ist. Nun haben die Institutionen der Islamischen Republik Iran in einem gemeinsamen Schritt versucht, der Zwangsverschleierung durch ein Gesetz mit dem Titel „Gesetz über das sittliche Verhalten und den Hijab“ einen scheinbar legalen Anstrich zu geben. Dieses Gesetz beschränkt die individuellen und sozialen Freiheiten von Frauen erheblich und stellt somit eine deutliche Verletzung der Menschenrechte sowie universeller Werte dar. Es spiegelt eine geschlechtsspezifische Diskriminierung wider, die Frauen zu Bürgerinnen zweiter Klasse degradiert. Dieses Gesetz setzt nicht nur die individuellen Freiheiten von Frauen einem massiven Druck aus, sondern macht die Kleiderordnung von Frauen zu einem hochgradig sicherheitsrelevanten Thema.
Wir als Verteidiger*innen der Menschenrechte und insbesondere der Frauenrechte betrachten dieses Gesetz nicht nur als Diskriminierung gegenüber der Hälfte der Bevölkerung, sondern auch als eine ernste Bedrohung für die psychische Gesundheit von Frauen und Mädchen in der Gesellschaft.
Das Gesetz für sittliches Verhalten und Hijab im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Menschenrechte
- Widerspruch zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: Das Gesetz „sittliches Verhalten und Hijab“ verletzt das Recht auf freie Wahl, Bekleidungsfreiheit und die menschliche Würde von Frauen, während Artikel 1 und 2 der Erklärung auf Gleichheit und Freiheit aller Menschen bestehen.
- Verstoß gegen internationale Konventionen: Der Iran ist als Unterzeichner des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verpflichtet, individuelle Freiheiten zu garantieren und geschlechtsspezifische Diskriminierung zu verhindern.
- Systematische Gewalt gegen Frauen: Dieses Gesetz schafft nicht nur soziale Restriktionen, sondern übt durch psychischen und physischen Druck auf Frauen eine Form der fortgesetzten Bestrafung und Folter aus, die von internationalen Menschenrechtsorganisationen scharf verurteilt wird und in krassem Widerspruch zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau steht.
Repressionen und Strafen aufgrund des Zwangsschleiers
Die Umsetzung dieses Gesetzes setzt Frauen, die den Zwangsschleier nicht einhalten, schwerwiegenden Strafen aus, darunter hohe Geldbußen, soziale Ausgrenzung und Haft.
Ein Beispiel dafür ist der Fall von Frau Roshanak Molaei, die auf der Straße von einem Motorradfahrer körperlich angegriffen wurde, weil sie auf das Tragen eines Zwangsschleiers verzichtet hatte. Der Angreifer wurde jedoch nicht rechtlich belangt. Stattdessen wurde Frau Molaei von der Justiz des Regimes zu Schlägen mit der Peitsche verurteilt, diese inhumane Strafe wurde vollstreckt, und sie wurde erst danach aus der Haft entlassen.
Aufruf zur Unterstützung und Solidarität
Wir unterstützen die Forderung der Menschenrechts- und Frauenrechtsaktivistinnen Nasrin Sotoudeh und Sedigheh vasmaghi, jede Form von Gewalt gegen Frauen zu beenden. Wir rufen alle internationalen Organisationen, Menschenrechtsinstitutionen und zivilgesellschaftlichen Akteure dazu auf, die Frauen im Iran zu unterstützen und sich für die Aufhebung dieses diskriminierenden Gesetzes einzusetzen.
Unsere Verpflichtung zur Verteidigung der Rechte der Frauen im Iran
Wir bekennen uns zu den Grundsätzen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie aller internationalen Konventionen, welche die Beseitigung geschlechtsspezifischer Diskriminierung und die Erreichung der Gleichberechtigung der Frauen in der Gesellschaft, soziale Gerechtigkeit, Freiheit und menschliche Würde fördern.
Wir solidarisieren uns mit den Frauen im Iran und setzen uns dafür ein, dass ihre Stimmen weltweit Gehör finden. In diesem Zusammenhang fordern wir die Islamische Republik Iran nachdrücklich auf, das “Gesetz für sittliches Verhalten und Hijab” unverzüglich aufzuheben.
Wien 03.12.2024
Dr. Behrouz Bayat
Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran, Österreich
Prof. Dr. Siroos Mirzaei
Medical Professionals for Human Rights in Iran – Austria